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Abstufungen des Humors oder WARUM WIR LACHEN

Vorab, ”Warum Wir Lachen” ist eine rhetorische Warum-Frage; psychologische Warum-Fragen habe ich gelernt auszuschalten.

Die rhetorische Warum-Frage will nicht ergründen, sondern erklären. Hinter jeder Frage steht eine Aussage, und hinter jeder Aussage steht eine Frage. Daher bleibt es als strategisch-taktische Formulierung bestehen, ob ich eine Aussage als Frage, oder eine Frage als Aussage formuliere. Warum wir lachen ist hier somit als eine Aussage meinerseits erklärbar. Dabei geht es um das Wissen in Situationen unseres Erlebens. Reicht unser Wissen aus, um erlebte Situationen meistern zu können? Insbesondere in Konfliktsituationen reicht unser Wissen oft nicht aus. In der Psychologie spricht man dann vom sogenannten ”Pragmatischen Informationsdefizit“, welches meint, über zu wenig persönliches Wissen über eigene Verhaltensweisen zu verfügen, um Probleme und/oder Konflikte lösen zu können. Aus diesem Mangel heraus entsteht Frustration, die sich dann in verschiedenen Ausprägungen manifestieren kann, beispielsweise und zumeist in Aggression, aber auch in anderen Frustrationsfolgen, die ja der Psychologie bekannt sind. Umgekehrt kann eine Person auch über einen pragmatischen Informationsüberschuss verfügen, somit über ein Mehrwissen als für eine Situation erforderlich wäre. Pragmatik bezeichnet in der Sprachpsychologie den - oftmals unbewusst gerichteten - Zweck einer Aussage, während auf der Stufe der Semantik die bloße inhaltliche Bedeutung einer Aussage besteht; als simples Beispiel: Frage: „Weißt du, wie spät es ist?“ Semantische Antwort könnte sein: „Ja, ich weiß, wie spät es ist!“ Die pragmatische Antwort an den Frager meint etwa: „Es ist genau 5 Minuten vor 12 Uhr mittags.“ Noch zur Vollständigkeit dieser sprachpsychologischen Einordnung sei die Stufe der Syntax erwähnt, die sich bloß mit der grammatikalisch richtigen Formulierung beschäftigt. Zurück zum pragmatischen Informationsüberschuss, denn der kann in einer Person Freude erzeugen. Dieses pragmatische Mehrwissen um eine Situation manifestiert sich gerne im Lachen einer Person. Daher lachen wir über einen gelungenen Witz, weil wir im Erkennen der Pointe dieses Mehrwissen zum Ausdruck bringen. Humor ist eine gesunde Eigenschaft einer Person, zu der jedoch weitere Charaktereigenschaften hinzukommen können, die als ”Abstufungen des Humors“ folgendermaßen bezeichnet werden können: Als Spott (Ironie) verstehe ich einen pragmatischen Informationsüberschuss, zu dem neben dem Mehrwissen um die Situation auch eine fehlende persönliche Akzeptanz der anderen Person kommt. Je nach Abstufung kann es sich dabei um nur eine sachliche Ablehnung, aber auch um eine gesamte Ablehnung der anderen Person überhaupt handeln, wobei hier ein gewisses Maß an aggressiver Zurückhaltung noch gegeben ist. Als beißenden Spott (Hohn, Zynismus) verstehe ich, wenn zum persönlichen Informationsüberschuss und der fehlenden Akzeptanz der anderen Person noch Aggressivität hinzukommt, oft gepaart mit verbaler Eloquenz eines Zynikers und verletzend wirken soll. Interessant ist es manchmal zu beobachten, dass Zyniker auch körpersprachlich den linken Mundwinkel zurückgezogen haben, quasi als ein Zeichen ihrer latent zurückgehaltenen Emotionalität. Da kriecht eine Ameise alleine über den Tisch. Der Betrachter meint: „Hast keinen Vater, hast keine Mutter, hast nur den lieben Gott; und zu dem schicke ich dich jetzt…“ Zerdrückt die Ameise mit dem Finger. Dies ist Beispiel für puren Sarkasmus, also tödliche Verhöhnung mit Sadismus, als tiefste charakterliche Abstufung eines pragmatischen Informationsüberschusses. Daher Vorsicht, wie ein schnell ausgesprochener lapidarer Scherz beim Gegenüber ankommt; dies ist oftmals nicht vorher abzusehen, und aus dem Scherz entsteht unvermutet Schmerz…

hg 28.6.2016

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